DGB Bayern/T. Günther
Das Soziale Netz Bayern hat am 2. Juli 2014 bei einer Fachtagung im Münchner Gewerkschaftshaus das Forderungspapier "Gute Arbeit für Alle" an die Bayerische Staatsregierung präsentiert. Darin setzt sich das Bündnis ein für mehr Qualität in der Arbeit, neue Wege bei der Inklusion und Integration in den Arbeitsmarkt sowie für eine verbesserte berufliche Integration.
Die Fachtagung "Gute Arbeit für Alle" mit 120 Teilnehmern fand anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Sozialen Netz Bayern statt. 17 Organisationen, Verbände und Institutionen gehören dem Bündnis an.
Das Soziale Netz Bayern richtet sein Forderungspapier "Gute Arbeit für Alle" an die Bayerische Staatsregierung. Darin setzt sich das Bündnis ein für mehr Qualität in der Arbeit, neue Wege bei der Inklusion und Integration in den Arbeitsmarkt sowie für eine verbesserte berufliche Integration.
In seiner Begrüßung benannte Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, den Kern des Bündnisses: "Uns eint der Widerstand gegen die fortschreitende Ökonomisierung aller Lebensbereiche. Und uns eint unser gemeinsames Engagement für mehr soziale Gerechtigkeit. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies auch in der kommenden Dekade gelingen wird."
Das Bündnis habe sich bewusst gegen eine große Feier zum zehnten Geburtstag entschieden. "Denn wer seinen Blick auch auf die Schattenseiten der Arbeitswelt richtet, dem ist nicht nach Feiern. Weil der Arbeitsmarkt seit Jahren immer weiter ausfranst, weil Belegschaften aufgespalten werden in Stammkräfte, Werkvertragsbeschäftigte und Leiharbeiter, weil immer mehr miese Löhne gezahlt werden, von denen die Menschen nicht leben können. Kurz: Weil der Arbeitsmarkt immer mehr verwildert und bewusst gespalten wird."
DGB Bayern/T. Günther
Jena verweist auf den Datenreport "Soziale Lage in Bayern 2013" der Staatsregierung, der klar belegt: In Bayern haben Niedriglohnbeschäftigung und atypische Beschäftigung in den vergangenen Jahren zugenommen. Deshalb könnten viele Beschäftigte die Vision von Ministerpräsident Seehofer nicht teilen, für den Bayern die Vorstufe zum Paradies ist.
Jena stellt fest: "Das Soziale Netz Bayern ist davon überzeugt, dass in der Gesellschaft, in der Politik und bei den Unternehmern ein neues Leitbild von „Guter Arbeit für Alle“ nötig ist. Dieses neue Leitbild ist der Gegenentwurf zu einer jahrzehntelangen Deregulierungs- und Flexibilisierungsstrategie auf Kosten der arbeitenden Menschen."
Leonhard Stärk, Landesgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes und Sprecher der Freien Wohlfahrtspflege Landesarbeitsgemeinschaft Bayern, stellte bei der Tagung die Forderungen des Sozialen Netz Bayern im Detail vor. Stärk sagte: "Auch wenn Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern die niedrigste Arbeitslosenquote besitzt, sind dennoch viele Menschen von der Teilhabe am Arbeitsleben ausgeschlossen."
Der Druck auf die Beschäftigten steigt: prekäre Beschäftigung, Perspektivlosigkeit, Armutsgefährdung, zunehmende gesundheitliche Belastungen, Arbeitsverdichtung, Stress, ständige Erreichbarkeit. Stärk fordert für das Soziale Netz Bayern mehr Qualität in der Arbeit: "Es gilt, den Wandel in der Arbeitswelt zu gestalten. Ziel muss sein, den Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen, also eine gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung mit Entwicklungsmöglichkeiten und einem ausreichenden Einkommen zu gewährleisten. Das ist die Basis für Kreativität, Innovation, gesellschaftliche Teilhabe und die Stärkung der Systeme der sozialen Sicherung."
Leonhard Stärk stellt die Forderungen des Sozialen Netz Bayern zum Thema "Gute Arbeit für Alle" vor.
Zur Inklusion behinderter Menschen in die Arbeitswelt sind aus Sicht des Sozialen Netz Bayern barrierefreie Arbeitsumfelder nötig, die alle Menschen gemeinsam gestalten und nutzen können. Stärk: "Der Staat ist verpflichtet, bestehende Gesetze und Verordnungen so zu ändern oder aufzuheben, dass Diskriminierungen auch im Hinblick auf Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr möglich sind und aktiv Fördermaßnahmen zur Unterstützung inklusiver Arbeitsangebote zu ergreifen."
Die Beschäftigungssituation hat sich in Bayern verbessert. Dennoch finden zu viele Menschen langfristig keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Stärk sagte zum Problem der Langzeitarbeitslosigkeit: "Das Soziale Netz Bayern sieht in der öffentlich geförderten Beschäftigung einen gangbaren Weg, um betroffenen Menschen eine Teilhabe am Erwerbsleben zu erschließen. Sie öffnet den Weg in den ersten Arbeitsmarkt und verhindert so eine langfristige Ausgrenzung dieser Menschen."
DGB Bayern/T. Günther
Die Teilnahme am Arbeitsleben auch bei Krankheit oder Behinderung dauerhaft zu erhalten oder wieder zu ermöglichen – das ist mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs IX im Jahr 2009 im Grundsatz festgeschrieben worden. Von Krankheit und Behinderung betroffene Menschen sollen durch gezielte und fachliche Beratung, Vermittlung, Eingliederung, Ausbildungs-, Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz behalten beziehungsweise einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Arbeitsplatz erlangen können.
Stärk sagt dazu für das Soziale Netz Bayern: "Eine Schlüsselrolle spielt dabei die berufliche Rehabilitation. Ziel der beruflichen Rehabilitation ist die Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen am Arbeitsleben. Die Wiederherstellung beziehungsweise der Erhalt der Arbeitsfähigkeit müssen im Vordergrund stehen."
Ulrike Mascher, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Bayern, erläutert die Forderungen des Sozialen Netz Bayern.
Ulrike Mascher, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Bayern, ergänzt: "Das Soziale Netz Bayern fordert eine offensive Förderung älterer, psychisch behinderter und langzeitarbeitsloser behinderter Menschen. Für sie ist der Zugang zur Rehabilitation oft schwierig. Gerade langzeitarbeitslose behinderte Menschen, welche die Voraussetzungen für die Erwerbsminderungsrente nicht erfüllen, werden allzu oft als bloße Vermittlungsfälle eingestuft, ohne dass ein Reha-Bedarf erkannt wird."
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Arbeits- und Sozialministerin Emilia Müller gratulierte bei der Tagung dem Sozialen Netz Bayern zum zehnjährigen Bestehen. Das Bündnis habe "hervorragende Arbeit geleistet". Müller stellte dar, aus welchem Blickwinkel sie die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in Bayern betrachtet: "Gute Arbeitsbedingunfgen sind ein wesentlicher Produktions- und damit Standortfaktor. Wir stärken damit auch den sozialen Frieden."
Müller machte klar, dass sie nicht alle Forderungen des Sozialen Netz Bayern unterstützen wird. Müller: "Öffentlich geförderte Beschäftigung halte ich nicht für den richtigen Weg." Aus ihrer Sicht mindere dies das Interesse der Langzeitarbeitslosen, einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu finden."
In einem weiteren Tagungsblock haben Referenten aus verschiedenen Bereichen anhand von Praxisbeispielen die Probleme und Bedürfnisse in der Praxis konkretisiert und auf den Punkt gebracht (mehr s.u. im PDF "Einladung"). In einer Podiumsdiskussion mit Landtagsabgeordneten haben alle VolksvertreterInnen die Wichtigkeit der Anliegen des Sozialen Netz Bayern betont. Teilgenommen haben Kerstin Celina (Bündnis 90/Die Grünen), Hermann Imhof (CSU) und Angelika Weikert (SPD).
Auf dem Einladungsflyer finden Sie alle Informationen über die Fachtagung "Gute Arbeit für Alle" des Sozialen Netz Bayern am Mittwoch, 2. Juli 2014, im Münchner Gewerkschaftshaus.
Dr. Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern und Geschäftsführerin des Sozialen Netz Bayern, richtete in ihrem Schlusswort noch einmal das Wort Richtung Staatsregierung: "Das Soziale Netz Bayern fordert die Bayerische Staatregierung auf, sich endlich für die Teilhabe ALLER Menschen am Arbeitsmarkt einzusetzen, als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion für gute Qualität in der Arbeit einzunehmen und damit Maßstäbe zu setzen."
Dr. Di Pasquale betonte die Bedeutung des Bündnisses: "In der Gemeinsamkeit, geschlossen mit einer Stimme zu sprechen, liegt ein unschätzbarer Wert, um unseren Forderungen nach einem sozial gerechten Bayern Nachdruck zu verleihen."