Rund vier Wochen vor dem Ende der Betriebsratswahlen zieht der DGB Bayern eine positive Zwischenbilanz: „Erfreulicherweise zeichnet sich bereits jetzt ab, dass unsere Mitgliedsgewerkschaften gestärkt aus den Betriebsratswahlen hervorgehen werden“, so Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern. Ersten Einschätzungen zufolge hätten die DGB-Gewerkschaften in vielen Betrieben Sitze hinzugewonnen, so Stiedl „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Beschäftigten die Arbeit der gewerkschaftlichen Betriebsräte in den vergangenen Jahren wertschätzen.“
Die oftmals geringere Wahlbeteiligung im Vergleich zu früheren Wahlen sei laut Stiedl auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. „Beschäftigte waren durch vermehrtes Homeoffice oder auch durch Kurzarbeit seltener im Betrieb, was die Kommunikation extrem erschwert hat. Nichtsdestotrotz ist die Wahlbeteiligung mit durchschnittlich 60-70 Prozent angesichts der äußeren Umstände ordentlich“, so Stiedl.
Scharfe Kritik äußert Stiedl an Arbeitgebern, die betriebliche Mitbestimmung mit illegalen Mitteln torpedieren. „Union Busting ist in vielen Unternehmen in Bayern traurige Realität. Bundesweit wird jede sechste Betriebsratsgründung behindert oder gar verhindert, zum Teil mithilfe von darauf spezialisierten Rechtsanwaltskanzleien. Es ist schon lange überfällig, dass diesem Treiben endlich ein Ende gesetzt wird. Daher begrüßen wir, dass die Ampelregierung die Behinderung von Betriebsratswahlen künftig als Offizialdelikt einstufen will.“ Die bayerischen Arbeitgeber sowie die Bayerische Staatsregierung fordert Stiedl auf, sich öffentlichkeitswirksam und klar gegen Union Busting zu positionieren: „Den lobenden Worten zum Wert der betrieblichen Mitbestimmung müssen jetzt konkrete Taten folgen!“
Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern, fordert angesichts des rasanten Wandels der Arbeitswelt eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes: „Betriebsräte brauchen bei Zukunftsthemen mehr Mitspracherechte. Auch in Zeiten mobiler Arbeit müssen Betriebsräte ihre Aufgaben wahrnehmen können. Ein digitaler Zugang zu den Beschäftigten ist hier das Gebot der Stunde“, so Di Pasquale. Um gute und zukunftssichere Arbeitsplätze zu sichern, müssten Betriebsrätinnen und Betriebsräte laut Di Pasquale bei den Schlüsselthemen Weiterbildung, Beschäftigungssicherung und Personalplanung handlungsfähig sein, „das heißt auch initiativ werden und mitbestimmen können.“
Auch Andreas Weber, stellvertretender Vorsitzender im Gesamtbetriebsrat der E.ON Digital Technology GmbH, sieht die betriebliche Mitbestimmung aktuell mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert: „Unsere Aufgabe ist es, die Arbeitswelt von morgen, steigende Lebenshaltungskosten und demografische Probleme auf den Verhandlungstisch zu bringen und die Interessen der Beschäftigten durchzusetzen. Umso wichtiger ist ein klares Signal an die Arbeitgeber, dass die Beschäftigten den Betriebsrät*innen mit einem starken Votum bei den Betriebsratswahlen den Rücken stärken!“
Tanja Lerzer, Betriebsratsvorsitzende der Kliniken Neumarkt Service GmbH, ergänzt: „Gerade in kleineren Betrieben herrscht in Sachen Mitbestimmung oft Nachholbedarf. Aber auch dort brauchen die Kolleginnen und Kollegen bei Problemen eine Anlaufstelle. Daher sollten die Belegschaften in jedem Betrieb mit mindestens fünf Beschäftigten einen Betriebsrat wählen beziehungsweise einen Betriebsrat gründen.“