Ausbildungsreport 2025: Viele Azubis zufrieden – aber Überstunden, finanzielle Belastungen und strukturelle Hürden gefährden Ausbildungsqualität in Bayern

Gmeiner: „Zufriedenheit entsteht dort, wo Betreuung funktioniert, Mitbestimmung ernst genommen wird und junge Menschen eine verlässliche Perspektive haben.“

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Ordnungsnummer PM 82

Die Ausbildung in Bayern genießt bei vielen jungen Menschen einen guten Ruf – das zeigt der Ausbildungsreport 2025 der DGB-Jugend Bayern. Der Report macht aber auch deutlich, dass viele Jugendliche schon vor Beginn ihrer Ausbildung auf Hürden stoßen, die ihre Chancen einschränken. Mehr als die Hälfte der Befragten – 52 Prozent – wurde bereits nach der ersten Sichtung ihrer Unterlagen abgelehnt – sofern sie überhaupt eine Rückmeldung erhalten haben. Auswahlverfahren, Voraussetzungen und soziale Faktoren entscheiden damit oft früher als jede Motivation darüber, wer tatsächlich eine Chance auf einen Ausbildungsplatz bekommt.

Nach Ausbildungsbeginn wirken weitere Belastungen nach – allen voran die finanzielle Situation. So geben 55 Prozent der befragten Auszubildenden an, nicht oder kaum von ihrer Vergütung leben zu können. Zwei Drittel sind auf zusätzliche Einkünfte angewiesen, mehr als zehn Prozent müssen neben der Ausbildung einen Zweitjob ausüben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. „Für viele entscheidet nicht die Motivation oder die Eignung über den Einstieg in die Ausbildung, sondern die Frage, ob sie sich das Leben am Ausbildungsort leisten können“, sagt Anna Gmeiner, Bezirksjugendsekretärin der DGB-Jugend Bayern.

Trotz dieser Barrieren bewerten 73 Prozent ihre Ausbildung positiv. „Das ist erfreulich und zeigt das Potenzial der beruflichen Bildung“, so Gmeiner. „Aber Zufriedenheit fällt nicht einfach vom weiß-blauen Himmel. Sie entsteht dort, wo Betreuung funktioniert, Mitbestimmung ernst genommen wird und junge Menschen eine verlässliche Perspektive haben.“ Gleichzeitig berichten viele Auszubildende von deutlichen Belastungen im Alltag: Mehr als ein Drittel der Befragten (35,1 Prozent) leistet regelmäßig Überstunden, knapp 8 Prozent sogar mehr als fünf Stunden pro Woche zusätzlich – teilweise ohne Ausgleich. Gmeiner: „Diese Zahlen widerlegen den Vorwurf, junge Menschen seien nicht leistungsbereit. Viele leisten längst mehr, als für gute Ausbildung zumutbar ist.“

Auch Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, wendet sich entschieden gegen pauschale Kritik an der Generation Z: „Die junge Generation ist engagiert, sie will arbeiten und Verantwortung übernehmen. Sie ist nur nicht bereit, sich ausbeuten zu lassen. Das ist kein Mangel an Leistungswillen – das ist gesunder Menschenverstand und Ausdruck moderner Arbeitskultur.“

Zugleich verweist Stiedl auf strukturelle Faktoren, die den Zugang zur Ausbildung zusätzlich erschweren. „Ein stabiles Gesamtangebot an Ausbildungsplätzen bedeutet noch lange nicht, dass alle Jugendlichen gleiche Chancen haben. In ländlichen Regionen ist die Auswahl begrenzt, und für viele ist es kaum realistisch, in die Städte zu pendeln – weil der ÖPNV vor Ort fehlt oder unzuverlässig ist. Gleichzeitig sind die Mieten in den Ballungszentren so hoch, dass ein Umzug für viele junge Menschen nicht infrage kommt. Diese Realität sieht man in keiner Statistik, aber sie prägt den Alltag vieler Jugendlicher.“

Mit Blick auf die strukturellen Hürden betonen DGB-Jugend und DGB Bayern, dass gute Ausbildung nur gelingen kann, wenn junge Menschen unabhängig von Herkunft, Wohnort und finanzieller Lage echte Chancen erhalten. Was Auszubildende dafür erwarten, bringt Anna Gmeiner abschließend auf den Punkt: „Junge Menschen entscheiden sehr bewusst, wo sie ihre Ausbildung beginnen. Sie erwarten ein respektvolles Arbeitsklima, faire Arbeitszeiten, gute Erreichbarkeit und eine Vergütung, von der man leben kann. Das sind keine überzogenen Wünsche, sondern Mindeststandards einer modernen Ausbildung. Die Zeiten von ‚Lehrjahre sind keine Herrenjahre‘ sind vorbei. Wer heute ausbilden will, muss zeitgemäß ausbilden – mit fairen Regeln, echter Wertschätzung und guter Begleitung vom ersten Tag an.“

Hintergrund

Der jährliche Ausbildungsreport für Bayern liefert Zahlen und Fakten für eine Debatte zur Ausbil-dungsqualität und weist darüber hinaus auf erhebliche Missstände in der Ausbildung hin. Für diese repräsentative Studie wurden im Zeitraum von September 2024 bis Juni 2025 1.345 Auszubildende befragt.

Den Ausbildungsreport Bayern 2025 können Sie hier herunterladen.

Ein kurzes Factsheet mit den wichtigsten Ergebnissen können Sie hier herunterladen.

 
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