Stiedl: „Unternehmen vergeben große Chance, dem vielfach beklagten ‚Fachkräftemangel‘ entgegenzuwirken."
Mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. September startet für viele junge Menschen in Bayern ein neuer Lebensabschnitt. Für den bayerischen DGB-Vorsitzenden Bernhard Stiedl steht die berufliche Bildung im Freistaat aktuell unter enormem Druck: „Immer weniger junge Menschen in Bayern beginnen trotz zahlreicher offener Stellen eine duale Berufsausbildung. Gleichzeitig ziehen sich nach wie vor zu viele Betriebe aus der Ausbildung zurück. Damit vergeben die Unternehmen eine große Chance, dem vielfach beklagten ‚Fachkräftemangel‘ entgegenzuwirken, während tausende junge Menschen auf der Strecke bleiben. Diese Entwicklung ist fatal für beide Seiten.“
Stiedl zufolge gingen wirtschaftliche Krisen oft zu Lasten des Ausbildungsmarktes, nicht nur durch eine sinkende Ausbildungsbereitschaft von Betrieben, sondern etwa auch durch die Folgen von Kurzarbeit für die Qualität der Ausbildung. Daher fordert der DGB Bayern, Verbundausbildungen zu vereinfachen und finanziell zu fördern: „So könnten Auszubildende und ausbildungsintegriert dual Studierende in Zeiten wirtschaftlicher Krisen z.B. vor Kurzarbeit des eigenen Betriebs geschützt werden und ihre Ausbildung fortführen“, betont Stiedl. Einen Umstieg auf zweijährige Ausbildungsberufe lehnt der DGB Bayern in diesem Zusammenhang ab.
Laut Stiedl müsse die duale Berufsausbildung in Bayern aber auch insgesamt dringend gestärkt und attraktiver gestaltet werden. Hierfür bräuchten Gewerkschaften ein größeres Mitspracherecht: „Wir sind gemeinsam mit den Arbeitgebern gesetzlich für die formelle Ausgestaltung der dualen Ausbildung zuständig. Die Gewerkschaften müssen deshalb bei allen staatlichen Initiativen zur Stärkung der beruflichen Bildung, z.B. auch bei der bayerischen ‚Allianz für starke Berufsbildung‘, als gleichwertige Partner*innen einbezogen werden“, so Stiedl.
Die stetig zurückgehende Ausbildungsbereitschaft der bayerischen Unternehmen kritisiert auch die Bezirksjugendsekretärin Anna Gmeiner: „Die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze ist immer noch unter dem Vor-Corona-Niveau. Wer heute nicht ausreichend und qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze anbietet, muss sich morgen nicht über einen Fachkräftemangel wundern.“ Gmeiner verweist hier auf die umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie, die die DGB-Jugend Bayern fordert: „Alle jungen Menschen brauchen einen Ausbildungsplatz und hier darf sich kein Unternehmen einen schlanken Fuß machen. Mit einer umlagefinanzierten Ausbildungsgarantie wahren wir das Recht auf Arbeit und sorgen für eine gute Qualifikation aller Menschen.“ Die DGB-Jugend Bayern schlägt eine Umlagefinanzierung durch einen Zukunftsfonds vor, in den alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten einzahlen müssen.
Mit Blick auf die zunehmenden psychischen Herausforderungen und Erkrankungen bei jungen Menschen fordert Gmeiner eine bessere Unterstützung: „In der Ausbildung finden sich aktuell kaum Maßnahmen der Gesundheitsförderung. Deshalb müssen wir hier die Präventionsarbeit ausbauen. Wenn sich junge Menschen krankmelden und in psychologische Behandlung begeben, ist schon viel passiert. Wir müssen vorher ansetzen. Daher plädiere ich für einen Ausbau der Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) – vor allem an den beruflichen Schulen! Das habe ich bei einem Treffen Sozialministerin Scharf, Kultusminister Piazolo und Gesundheitsminister Holetschek auch mitgeteilt."