Stiedl: „Starke Schultern können und müssen in unserem Land mehr tragen.“
Superreiche genießen bei der Erbschaftsteuer große Privilegien. Dadurch entgehen dem Staat jährlich 5 bis 10 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, die eigentlich für wichtige Investitionen in Krisenbewältigung, Klimaschutz und Bildung benötigt würden. Seit 2009 sind es in Summe gar mehr als 77 Milliarden Euro. Darauf weist die Erbschaftsteueruhr hin, die das Bündnis „Erben verpflichtet. #FairErben“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) heute erstmals in Bayern präsentiert hat. Für das Bündnis, bestehend aus der FES und DGB, Finanzwende e.V., taxmenow, Netzwerk Steuergerechtigkeit, Ungleichheit, ver.di, steht fest: Die Zeit ist reif für eine gerechte Erbschaftsteuer.
Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, sieht Handlungsbedarf, um bestehende Gerechtigkeitsdefizite bei der Vermögensverteilung schnellstmöglich zu beheben: „Das Steuersystem orientiert sich hierzulande weniger an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Ganz im Gegenteil begünstigt es sogar hohe Einkommen, Unternehmensgewinne und große Vermögen. Somit zahlen Menschen, die über viel Geld verfügen, im Verhältnis weniger in die öffentlichen Kassen als mittlere und kleine Einkommen. Mit Blick auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen ist dies aus Sicht der Gewerkschaften nicht länger haltbar. Wir setzen uns dafür ein, dass Beschäftigte und Familien entlastet und stattdessen große Vermögen wieder stärker in die Verantwortung genommen werden. Starke Schultern können und müssen in unserem Land mehr tragen – das gilt auch und vor allem für die Erbschaftsteuer!“
Simone Reperger, Leiterin der Friedrich-Ebert-Stiftung Bayern betont: „In kaum einem anderen Industrieland ist das Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Das spaltet unsere Gesellschaft. Eine gerechtere Erbschaftsteuer kann dem entgegenwirken. Die aktuelle Regelung verstärkt die Ungleichheit jedoch. Denn wer groß erbt oder beschenkt wird, zahlt niedrigere Steuersätze als jemand, der kleinere Summen erhält. Die Privilegien der Superreichen sind eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Eine faire Erbschaftssteuer ist ein wichtiger Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit und gesellschaftlicher sowie politischer Teilhabe aller.“
Philippa Sigl-Glöckner, Gründerin und Direktorin der Denkfabrik Dezernat Zukunft kommentiert aus ökonomischer Sicht: „Eigentum ist dazu da, Sicherheit zu geben. In Deutschland besitzt die weniger wohlhabende Hälfte der Haushalte aber lediglich 1% des Vermögens. Das reichste Prozent der Bevölkerung vereint 35% des Vermögens auf sich. Mit einer solchen Verteilung funktioniert der marktwirtschaftliche Wettbewerb nicht mehr. Das Steuersystem wirkt dieser Verteilung heute nicht entgegen, es befeuert die Vermögenskonzentration. Denn während Empfänger mittlerer Vermögen substanzielle Steuern zahlen, fällt auf Schenkungen ab 20 Millionen so gut wie keine Steuer mehr an. Würde man die Steuervergünstigungen beenden, könnte man mit dem Aufkommen einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung von Erziehung und Bildung und damit der Sicherung unseres Wohlstands leisten.“
Florian von Brunn, MdL, BayernSPD, sieht Handlungsbedarf mit Blick auf die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen: „Wir haben in Deutschland und Bayern enorme Aufgaben vor uns. Wir müssen unsere Gesellschaft klimafreundlich umbauen, für soziale Sicherheit sorgen und eine bessere Ausstattung der Bundeswehr finanzieren. Das muss gerecht finanziert werden. Allerdings wird die Vermögensverteilung in Deutschland immer unfairer. Reichtum konzentriert sich immer stärker in immer weniger Händen. Große Vermögen und Erbschaften werden gering oder gar nicht besteuert. Eine faire Besteuerung von großen Erbschaften ist die Voraussetzung für Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit unseres Landes!“