Der DGB Bayern sieht den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD mit gemischten Gefühlen. Während einige Vorhaben als Fortschritt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewertet werden können, bleiben zentrale Forderungen der Gewerkschaften unberücksichtigt.
„Es gibt Lichtblicke, aber auch deutliche Schattenseiten. Klar ist: Die Koalition muss mehr tun, um soziale Gerechtigkeit und gute Arbeitsbedingungen zu sichern“, erklärt Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern.
Auf der Positivseite hebt der DGB Bayern insbesondere die geplante Einführung eines Bundestariftreuegesetzes und die angestrebte Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro im Jahr 2026 hervor. „Das Bundestariftreuegesetz ist ein wichtiges Signal für faire Löhne und Wettbewerb auf Augenhöhe – auch in Bayern, wo man sich seit Jahren gegen ein solches Gesetz sträubt. Dass die CSU diesem nun zustimmt, ist ein gutes Signal, das jetzt auch auf Landesebene folgen sollte. Ebenso ist die Erhöhung des Mindestlohns längst überfällig und wird vielen Beschäftigten helfen, endlich ein Leben ohne Existenzängste zu führen“, so Stiedl.
Auch die Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2031 wird vom DGB Bayern begrüßt. „Das ist ein klares Signal gegen Altersarmut und für eine verlässliche Altersvorsorge, das die Gewerkschaften im Rahmen der Koalitionsverhandlungen lautstark eingefordert haben“, betont Stiedl.
Scharfe Kritik übt der DGB Bayern hingegen an den vorgesehenen Änderungen am Arbeitszeitgesetz. „Ein Ende des 8-Stunden-Tags bedeutet für viele Beschäftigte entgegen der Formulierung im Koalitionsvertrag noch mehr Stress und noch weniger Zeit für Familie und Erholung. Das ist der falsche Weg“, warnt Stiedl. Angesichts aktueller Rekordzahlen bei stressbedingten Erkrankungen brauche es vielmehr arbeitnehmerorientierte Arbeitszeitmodelle, die vor dauerhaften Belastungen schützen.
In der Steuerpolitik bleibt der Koalitionsvertrag ebenfalls hinter den Erwartungen zurück. Während Mehrarbeit steuerlich begünstigt werden soll, bleiben höhere Einkommen, Vermögen und Erbschaften unangetastet. „Schwarz-Rot lässt hier mit Blick auf offene Finanzierungsfragen eine große Chance verstreichen, durch höhere Spitzensteuersätze oder Vermögensabgaben dringend benötigte Mittel für öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und soziale Sicherungssysteme zu generieren“, kritisiert Stiedl.
„Wir Gewerkschaften werden die Umsetzung des Koalitionsvertrags kritisch begleiten und weiterhin Druck machen – für gute Arbeit, faire Löhne und einen starken Sozialstaat“, so Stiedl abschließend.