Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Kuppelsaal der Bayerischen Staatskanzlei hat der DGB Bayern heute unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zum zweiten Mal den Bayerischen Mitbestimmungspreis für das Engagement und die erfolgreiche Arbeit von Mitbestimmungsgremien in Betrieb und Verwaltung verliehen.
Der Preis geht dieses Jahr an die Mitarbeitervertretung (MAV) der Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH am Standort Reichenbach in der Oberpfalz. In dieser kirchlichen Einrichtung gibt die Mitarbeitervertretungsordnung (dritter Weg) den rechtlichen Rahmen für die Mitbestimmung vor. Das Betriebsverfassungsgesetz gilt hier nur bedingt. Die MAV hat somit deutlich weniger Rechte als klassische Betriebs- und Personalrätinnen und -räte. Trotzdem konnte die MAV durch aktive Mitbestimmungsarbeit unter anderem eine Konfliktlösungsstelle, ein Arbeitszeitkonto, verbindliche Urlaubsplanungen sowie verschiedene Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf etablieren.
Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, lobte in seiner Begrüßungsrede die Mitbestimmung als „unverzichtbar für die Demokratisierung der Wirtschaft“. So brauche es laut Stiedl gerade in unruhigen Zeiten wie diesen nicht weniger, sondern mehr Mitbestimmung und mehr Sicherheit.
Darüber hinaus würdigte Stiedl den Preisträger für sein außerordentliches Engagement: „Das besondere Verdienst der MAV liegt darin, dass sie angesichts der Beschränkungen des kirchlichen Arbeitsrechts nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern entschieden für ihre Rechte eintreten. Ihr steht für eure Kolleginnen und Kollegen ein und macht ihren Arbeitsalltag durch eure Arbeit jeden Tag ein Stückchen besser. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich im Namen aller acht bayerischen Mitgliedsgewerkschaften!“
Ministerpräsident Dr. Markus Söder sagte in seiner Laudatio: „Sozialer Zusammenhalt zeichnet Bayern aus. Herzlichen Glückwunsch an die „Barmherzigen Brüder“ aus Reichenbach in der Oberpfalz. Sie kümmern sich mit helfender Hand und offenem Herzen um die Belange von Menschen mit Behinderung. Genauso achten sie auch intern auf ein gutes Arbeitsklima und die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Danke für diesen vorbildlichen Einsatz – und an den DGB für die Stiftung des Preises. Gewerkschaften und Betriebsräte spielen eine zentrale Rolle in der sozialen Marktwirtschaft. Die betriebliche Mitbestimmung ist ein Erfolgsmodell, das sich gerade auch in Krisenzeiten bewährt.“
„Wir freuen uns sehr, dass unser Engagement für unsere Kolleginnen und Kollegen sowie insbesondere für Menschen mit Behinderungen vom DGB Bayern mit der Nominierung für den Bayerischen Mitbestimmungspreis gewürdigt wird“, sagt Ludwig Strahl, 1. Vorsitzender der MAV Reichenbach. „Die heutige Auszeichnung durch den Bayerischen Ministerpräsidenten ist für uns eine besondere Ehre und gleichzeitig ein starkes Zeichen der Anerkennung für alle Mitarbeitervertretungen, die sich tagtäglich mit Herz und Leidenschaft im sozialen Bereich engagieren. Allerdings sehen wir darin auch einen klaren Auftrag, weiterhin all unsere Energie für jene Menschen aufzuwenden, die oft nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Ganz besonders möchten wir in diesem Moment an unseren viel zu früh verstorbenen Vorsitzenden Tobias Strahl erinnern, dessen unermüdlicher Einsatz maßgeblich zum Gewinn dieses Mitbestimmungspreises beigetragen hat“, so Strahl weiter.
Auch Luise Klemens, Landesbezirksleiterin ver.di Bayern, gratuliert: „Die Mitarbeitervertretung der Barmherzigen Brüder Reichenbach zeigt eindrucksvoll, wie mit Kreativität und Engagement die Interessen der Beschäftigten vertreten und durchgesetzt werden können. Sie beweisen, dass auch in kirchlichen Einrichtungen eine starke und moderne Interessenvertretung möglich ist, obgleich es deutliche gesetzliche Änderungen braucht, um auch im kirchlichen Bereich echte Mitbestimmung zu ermöglichen. ver.di begrüßt hierbei die Unterstützung der bayerischen Staatsregierung."
Hintergrund
Mit dem Bayerischen Mitbestimmungspreis werden Betriebs- und Personalratsgremien, Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Schwerbehindertenvertretungen, Mitarbeitervertretungen sowie betriebsübergreifende Kooperationen von Mitbestimmungsgremien anhand folgender Auswahlkriterien ausgezeichnet: Konkreter Nutzen für die Beschäftigten und den Alltag im Betrieb, Übertragbarkeit, Umsetzbarkeit, Originalität, neue innovative Ideen, Nachhaltigkeit.
Das Vorschlagsrecht liegt bei den bayerischen DGB-Gewerkschaften. Für die diesjährige Preisverleihung hat sich der DGB-Bezirksvorstand, das wichtigste Beschlussgremium der bayerischen Gewerkschaften, in seiner Sitzung am 16. Juli 2024 für die Mitarbeitervertretung der Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH am Standort Reichenbach in der Oberpfalz entschieden. Im Juni 2023 wurde der Bayerische Mitbestimmungspreis erstmalig an den Betriebsrat der AGCO GmbH verliehen.
Hintergrundinformationen zur Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH
Die Barmherzige Brüder Behindertenhilfe GmbH hat sieben Standorte in Bayern. Der Hauptstandort ist Reichenbach. Über 1.000 Mitarbeitende in unterschiedlichsten Arbeitszeitmodellen engagieren sich hier für 685 Menschen mit Behinderung. Dazu kommen 170 Kinder im Kinderhaus St. Paulus, das dazu den ersten Hort im Landkreis zur Verfügung stellte.
Kernaufgabe der Einrichtung ist die Assistenz und Begleitung von Menschen mit Behinderung bei einer selbstbestimmten Lebensführung und bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.
Hintergrundinformationen zum Preisträger
Die MAV der Barmherzige Brüder Behindertenhilfe gGmbH besteht derzeit aus 13 gewählten Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Bereichen der Einrichtung und arbeitet eng mit der Gewerkschaft ver.di zusammen. Die Unterstützung durch ver.di, z.B. durch die gute gewerkschaftliche Bildungsarbeit für kirchlich Beschäftigte, ist aufgrund der beschränkten Rechte der MAV umso wichtiger. Die MAV beteiligt sich auch mit Aktionen an den Tarifrunden im öffentlichen Dienst.