Stiedl: „Wir werden nicht locker lassen. Das Faire-Löhne-Gesetz muss kommen, der Ministerpräsident steht bei uns im Wort.“
Beim heute vorgestellten Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern sieht der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl vor allem viele Leerstellen und Nachholbedarf in zentralen Punkten. Positiv hervorzuheben sei allerdings die Betonung des sozialen Miteinanders in Bayern und die Förderung des gemeinsamen Dialogs. Auch dass im Koalitionsvertrag Wert auf faire Bezahlung gelegt werde, ist für den DGB Bayern ein Anknüpfungspunkt für die weitere konstruktive Zusammenarbeit.
Als herben Dämpfer bewertet Stiedl aber das fehlende Bekenntnis zu einem Tariftreue- und Vergabegesetz: „Der Ministerpräsident steht hier bei uns im Wort. Wenn der neuen Staatsregierung faire Bezahlung wichtig ist, dann sollte sie mit gutem Beispiel vorangehen und das Faire-Löhne-Gesetz auf den Weg bringen Noch im Wahlkampf hat er uns Gesprächsbereitschaft signalisiert, bei den Freien Wählern stand das Vorhaben ohnehin im Wahlprogramm. Wir werden deshalb nicht lockerlassen und weiter dafür kämpfen, dass öffentliche Aufträge endlich auch in Bayern nur an Unternehmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten ordentlich bezahlen.“
Um möglichst viel für die Beschäftigten zu erreichen, werde man nun den im September gemeinsam mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft und der Staatsregierung unterzeichneten Zukunftsdialog fortsetzen. „Wir sind als Gewerkschaften ein wichtiger Teil der Wirtschaft. Mit diesem Zukunftsdialog werden wir dafür sorgen, dass die arbeitenden Menschen zu den Gewinnern der Transformation unserer Wirtschaft werden. Die Versorgung mit sicherer und bezahlbarer Energie oder ein funktionierendes Verkehrssystem in der Fläche gehören dazu genauso wie regionale Transformationsnetzwerke, die den Wandel der Wirtschaft vor Ort managen,“ erklärt Stiedl.
In vielen weiteren Punkten vermisst der DGB Bayern den Willen zu konkreten Verbesserungen für die Menschen. So fehle im Koalitionsvertrag etwa ein Weiterbildungsgesetz und das Wort ‚Gleichstellung‘ taucht kein einziges Mal auf 85 Seiten Text auf.
Nicht zuletzt mahnt Bernhard Stiedl Investitionen an: „Wir haben in einer Studie allein für die Bereiche Transformation der Wirtschaft, Wohnen, Verkehr und Gesundheit einen Investitionsbedarf von jährlich 22 Milliarden Euro ermittelt, damit der Standort Bayern auch in Zukunft stark bleibt. Wenn die Koalition jetzt aber jede Aufnahme von Krediten kategorisch ausschließt, Steuersenkungen fordert und gleichzeitig Schulden abbauen will, dann fehlt genau dieses Geld für den Betrieb von Krankenhäusern, für Busse und Bahnen gerade im ländlichen Raum und für den Bau von bezahlbarem Wohnen.“
Zwar sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, aufgrund der Vorfälle im Wahlkampf war das Bekenntnis zur Demokratie in der Präambel jedoch wichtig und notwendig. „Dieses Bekenntnis muss jetzt insbesondere vom stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger im Regierungshandeln auch mit Leben gefüllt werden, damit es keine leere Floskel bleibt,“ bekräftigt Stiedl.
Der beste Beitrag gegen das Auseinanderdriften unserer Gesellschaft und für eine starke Demokratie ist soziale Sicherheit: „Wenn im reichen Bayern 200.000 Menschen regelmäßig auf Lebensmittel bei der Tafel angewiesen sind, dann ist die Antwort darauf nicht – wie angekündigt – die finanzielle Unterstützung der Tafeln zu verbessern, sondern es müssen die Ursachen von Armut aktiv bekämpft werden. Dazu liest man im Koalitionsvertrag wenig,“ so Stiedl abschließend.