App-basierte Arbeit führt häufig zu Entgrenzung, schlechter Planbarkeit und steigendem Druck Der DGB Bayern warnt vor den Folgen einer unregulierten Digitalisierung und fordert klare Leitplanken für Gute Arbeit. Technologische Entwicklungen werden nur dann zum Fortschritt für Beschäftigte, wenn Mitbestimmung, Transparenz und soziale Absicherung systematisch gestärkt werden – das zeigt auch das neue Impulspapier des DGB Bayern „Alles digital – und jetzt? Wie wir Bayerns Arbeitswelt zukunftsfest und menschlich gestalten“. „Digitalisierung und KI verändern die Arbeitswelt rasant. Entscheidend ist, ob wir diesen Wandel gestalten – oder ob er an den Beschäftigten vorbeiläuft“, sagt der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl. Gleichzeitig warnt Stiedl davor, Digitalisierung ausschließlich als Effizienz- oder Kostendebatte zu führen: „Ohne klare Regeln erleben wir mehr Druck, mehr Entgrenzung und weniger Gestaltungsspielräume. Das belegen betriebliche Rückmeldungen und der DGB-Index Gute Arbeit seit Jahren.“ Aus Sicht des DGB Bayern braucht es deshalb verbindliche Mitbestimmungsrechte beim Einsatz von KI und digitalen Steuerungssystemen, ein modernes Beschäftigtendatenschutzgesetz, nachvollziehbare Entscheidungslogiken in Software- und Assistenzsystemen sowie eine deutliche Stärkung arbeitswissenschaftlicher Forschung und betrieblicher Beratung. „Nur wenn Betriebs- und Personalräte frühzeitig eingebunden werden, führen technische Innovationen zu echter Entlastung statt zu digitaler Überwachung. Notwendig ist ein Bayernturbo für den Arbeitsmarkt mit einem Sofortprogramm für Gute Arbeit“, betont Stiedl. Der vom DGB Bayern in Auftrag gegebene „Report Plattformökonomie“ zeigt, dass digitale Vermittlungs- und Steuerungsmodelle längst auf dem Arbeitsmarkt angekommen sind: 4,4 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten bereits über Plattformen; für 1,1 Prozent ist dies sogar die primäre Einkommensquelle. Für Bayern heißt das: Rund 300.000 Menschen sind mittlerweile über Plattformen erwerbstätig und für fast 75.000 Personen im Freistaat dient Plattformarbeit als Haupteinnahmequelle. Hinter der versprochenen Flexibilität stehen jedoch häufig niedrige Einkommen, unsichere Auftragslagen, fehlende soziale Absicherung und eine permanente Bewertung durch Apps und Algorithmen. Besonders betroffen sind laut Report junge Menschen und viele Beschäftigte mit Migrationsgeschichte, für die der flexible und niedrigschwellige Einstieg attraktiv erscheint. „Plattformarbeit verspricht Freiheit und Flexibilität – doch in der Praxis dominieren Unsicherheit, Zeitdruck und digitale Kontrolle. Die Risiken reichen weit über die Branche hinaus, weil die dort etablierten Steuerungslogiken zunehmend in klassische Bereiche der Arbeitswelt überschwappen“, betont Dr. Heiner Heiland, Sozialwissenschaftler an der Georg-August-Universität Göttingen und Autor der Studie. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststäten (NGG) weiß allen voran aus dem Lieferdienst-Sektor, wie belastend digital organisierte Arbeit sein kann: „Gerade in den Lieferdiensten erleben wir immer wieder intransparente Bewertungssysteme, unfaire Tourenplanung und fehlenden Arbeitsschutz. Was über Apps gesteuert wird, braucht genauso klare Regeln wie jede andere Form von Arbeit – sonst zahlen am Ende die Beschäftigten die Zeche“, betont Caner Demir, Gewerkschaftssekretär der NGG Region München. Der DGB Bayern fordert daher ein entschlossenes Handeln der Landespolitik sowie stärkere Investitionen in Gute Arbeit und soziale Absicherung. „Digitalisierung darf nicht zur digitalen Ausbeutung führen. Wenn wir jetzt in Mitbestimmung, Qualifizierung und faire Regeln investieren, wird Bayern zur Vorreiterregion für Gute digitale Arbeit – und nicht zum Experimentierfeld für Geschäftsmodelle, die Beschäftigte verschleißen“, so Stiedl abschließend. |
Digitalisierung braucht klare Leitplanken – neuer DGB-Report zeigt Risiken der Plattformökonomie
App-basierte Arbeit führt häufig zu Entgrenzung, schlechter Planbarkeit und steigendem Druck