Stiedl: „In diesem Land tragen die stärksten Schultern den kleinsten Rucksack. Damit muss endlich Schluss sein.“
Angesichts der nach wie vor enormen Auswirkungen einer „nie dagewesenen Energie- und Kostenkrise“ hielt Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, im Rahmen der Maikundgebung auf dem Schweinfurter Marktplatz ein deutliches Plädoyer für mehr Verteilungsgerechtigkeit.
Stiedl zufolge sei es eine „schreiende Ungerechtigkeit“, dass bislang vor allem die Beschäftigten die Krisenlasten getragen haben. „Und während Millionen Menschen infolge der Pandemie und Energiekrise bangen müssen, ob sie ihre Lebenshaltungskosten decken können, machen sich andere die Taschen voll. Wir brauchen daher endlich mehr Gerechtigkeit in unserem Steuersystem. Arbeitseinkommen werden hierzulande nach wie vor höher besteuert als Kapitalerträge. In diesem Land tragen die stärksten Schultern den kleinsten Rucksack. Damit muss endlich Schluss sein!“
Mit Blick auf die Landtagswahl am 8. Oktober skizzierte Stiedl die aktuell drängendsten Herausforderungen im Freistaat. Allen voran bei der Tarifbindung sei laut Stiedl noch viel Luft nach oben: „Millionen Beschäftigte sind ohne Tarifvertrag – das kommt die ganze Gesellschaft teuer zu stehen. Durch die mangelnde Tarifbindung entsteht für die Beschäftigten, den Staat und die Sozialkassen in Bayern jährlich ein Verlust von 10 Milliarden Euro. Das ist ein gesellschaftlicher Skandal, der noch immer viel zu wenig Empörung hervorruft.“ Stiedl zufolge sollten öffentliche Aufträge in Bayern künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten fair bezahlen. „Das kann und muss der Landtag endlich per Gesetz festlegen und so aktiv faire Arbeit in Bayern fördern“, betont Stiedl.
Zur Bewältigung des sich zuspitzenden Fachkräftebedarfs sieht Stiedl vor allem die Arbeitgeber in der Verantwortung: „Es reicht nicht, ständig nur über den Fachkräftemangel zu jammern. Wer Fachkräfte gewinnen will, muss auch attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bieten – im Freistaat hakt es hier vielerorts noch an allen Ecken und Enden.“ Kontraproduktiv sei in diesem Zusammenhang die von den Arbeitgebern immer wieder propagierte Ausweitung der Arbeitszeit: „Eine ‚Flexibilisierung‘ im Sinne der Arbeitgeber hat vor allem eine gesundheitsgefährdende Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit zur Folge – das ist ganz klar abzulehnen“, so Stiedl.
Darüber hinaus seien laut Stiedl umfangreiche Investitionen notwendig, um die hohe Lebensqualität in Bayern langfristig beizubehalten: „Der Freistaat muss gerade jetzt viel mehr in unsere Zukunft, in erneuerbare Energien, in Bildung und Gesundheit investieren. Diese Investitionen sollten auch über Kredite finanziert werden können. Die gesetzlich verankerte Schuldenbremse ist hier nichts anderes ein Bremsklotz. Sie gehört daher abgeschafft und ein für alle Mal aus der Bayerischen Verfassung gestrichen – nur so kann der Investitionsstau endlich gelöst werden“, so Stiedl abschließend.