Stiedl: „Tarifflucht geht uns alle an. Ein Faire-Löhne-Gesetz im Freistaat ist überfällig.“
Genießen Beschäftigte nicht den Schutz eines Tarifvertrages, bedeutet das nicht nur für sie persönlich weniger Geld auf dem Konto. Letztlich kommt die Tarifflucht auch die Allgemeinheit teuer zu stehen. Das belegen neue Berechnungen des DGB auf Datenbasis des Statistischen Bundesamtes. Der Schaden, der allein durch Tarifflucht und Lohndumping der Arbeitgeber in Bayern entsteht, summiert sich bei den Sozialversicherungen auf jährlich auf 5,7 Milliarden Euro sowie 3,6 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer.
Die mangelnde Tarifbindung schmälert zudem die Kaufkraft der Beschäftigten: Wer in Bayern nicht nach Tarif bezahlt wird, hat im Jahr– betrachtet über alle Branchen und Berufe hinweg - durchschnittlich netto 2291 Euro weniger auf dem Lohnzettel als tarifgebundene Beschäftigte. Insgesamt hätten die Beschäftigten in Bayern mit flächendeckender Tarifbindung rund 7,9 Milliarden Euro mehr pro Jahr im Geldbeutel.
„Diese Zahlen zeigen: Tarifflucht geht uns alle an. Heute profitiert in Bayern nicht einmal mehr jeder zweite Beschäftigte von einem Tarifvertrag, vor zwanzig Jahren waren es noch 70 Prozent. Diese Entwicklung macht uns große Sorgen. Ein Faire-Löhne-Gesetz im Freistaat ist daher überfällig. Die Staatsregierung sollte mit gutem Beispiel vorangehen und öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen mit Tarifvertrag vergeben. Letztendlich profitiert sie davon sogar über steigende Steuereinnahmen,“ erklärt der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl. „Mit Tarifverträgen gibt es nicht nur höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub. Damit gestalten die Beschäftigten auch ihre Arbeitsbedingungen aktiv mit. Eine hohe Tarifbindung ist auch für das wirtschaftliche Wachstum wichtig, denn sie stärkt die Binnennachfrage und sichert gute Arbeit.“, so Stiedl weiter.
Der DGB Bayern fordert, dass mit einem Faire-Löhne-Gesetz dafür gesorgt wird, dass öffentliche Aufträge und Fördergelder generell nur an Unternehmen vergeben werden, die Tarifverträge anwenden. Doch auch für die Privatwirtschaft sind aus Sicht des DGB Bayern bessere Gesetze notwendig, um die Tarifbindung zu stärken: Im Falle einer Aufspaltung oder Abspaltung eines Unternehmens sollten Tarifverträge bis zu einer neuen Regelung fortgelten. Zudem muss es leichter werden, Tarifverträge für alle Unternehmen einer Branche allgemeinverbindlich zu erklären.
Die DGB-Berechnungen basieren auf der jüngsten Verdiensterhebung (VE), die das Statistische Bundesamt zuletzt für das Jahr 2022 erhoben hat.