Mehr als drei Viertel aller Frauen (78,6 Prozent) und knapp 43 Prozent der Männer, die 2021 in Bayern in Rente gingen, erhalten eine gesetzliche Altersrente, die unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle von aktuell 1.236 Euro liegt. Mehr als jede dritte Frau (36,5 Prozent) und immerhin rund ein Fünftel der Männer (20,9 Prozent) müssen sogar mit weniger als 600 Euro Altersrente auskommen. Zu diesen alarmierenden Ergebnissen kommt der neue Rentenreport des DGB Bayern.
Angesichts dieser Zahlen fordert Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, jetzt die Weichen für eine starke gesetzliche Rente zu stellen: „Das Rentenniveau ist in einem ersten Schritt dauerhaft zu stabilisieren. Mittelfristig wollen wir ein Niveau von 50 Prozent erreichen und perspektivisch 53 Prozent in den Blick nehmen. Die Ampelkoalition hat sich zumindest darauf verständigt, das Rentenniveau längerfristig zu stabilisieren. Das für 2022 versprochene Gesetzespaket dazu liegt jedoch immer noch nicht vor. Wir lassen hier nicht locker und erhöhen den Druck weiter.“
Der Rentenreport zeigt zudem, dass der Anteil eines Jahrgangs, der noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, im rentennahen Alter beständig abnimmt. Während von den 60-Jährigen im Jahr 2021 noch 57,7 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, sinkt der Anteil auf nur noch 14,3 Prozent bei den 65-Jährigen. Allen Rufen nach einem höheren Renteneintrittsalter erteilt Stiedl daher eine klare Absage: „Die Menschen unter Androhung von Rentenkürzungen – und nichts anderes wäre eine weitere Lebensarbeitszeitverlängerung – zur Arbeit zu drängen, gefährdet die Gesundheit der Beschäftigten. Es ist kein Anreiz, sondern vielmehr eine Bestrafung für alle, die es nicht schaffen, länger zu arbeiten. Wir werden daher gegen jede Art der Arbeitszeitverlängerung entschieden vorgehen“, so Stiedl.
Darüber hinaus bestehen nach wie vor gravierende Unterschiede bei der Rentenhöhe von Männern und Frauen. So hatten Männer, die 2021 erstmalig eine Altersrente bezogen, durchschnittlich 1.264 Euro zur Verfügung, während Neurentnerinnen lediglich 833 Euro und damit 431 Euro weniger erhielten. Damit übersteigt die sogenannte „Rentenlücke“ mit 34 Prozent die ohnehin hohe Verdienstlücke im Erwerbsleben von zuletzt 21 Prozent nochmals deutlich.
„Die Folge der geringen Rentenansprüche ist Altersarmut“, betont Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern. So waren 26 Prozent der über 65-jährigen Frauen in Bayern im Jahr 2021 von Armut bedroht. „Noch immer tragen Frauen in Bayern den Hauptteil der Sorgearbeit. Und es sind mehrheitlich die Frauen, die in Minijobs, in Teilzeit oder zu Niedriglöhnen beschäftigt sind. Dies spiegelt sich dann auch in der Rentenhöhe wider. Erst wenn es gelingt, die Arbeitszeit-, Sorge- und Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern zu schließen, gelingt dies auch mit Blick auf die Rentenlücke“, so Di Pasquale weiter.
Einen wichtigen Hebel zur Bekämpfung der Altersarmut sieht Di Pasquale in der Stärkung der Tarifbindung: „Tarifverträge sind der Garant für eine dauerhaft gute und gut bezahlte Beschäftigung und damit die Voraussetzung für eine gute Rente im Alter. Arbeitgeber müssen daher ihre Tarifflucht beenden und wieder vermehrt Tarifverträge abschließen. Auch die Bayerische Staatsregierung muss mehr tun, um gute Renten zu fördern. Als Sofortmaßnahme fordern wir etwa die Einführung eines Tariftreue- und Vergabegesetzes. Dieses Thema tragen wir Gewerkschaften mit in Richtung der kommenden Landtagswahl“, so Di Pasquale abschließend.
Hintergrund
Mit dem „Rentenreport 2023“ legt der DGB Bayern seinen sechsten Bericht zur Situation der Rentnerinnen und Rentner in Bayern vor. Für den Report hat der DGB Bayern aktuelle Zahlen und Daten der Deutschen Rentenversicherung ausgewertet.
Den „Rentenreport 2023“ können Sie hier herunterladen.